Warum haben wir unterschiedliche Augenfarben?
Hast du schon einmal tief in den Spiegel geschaut und dir deine Augen ganz genau angesehen? Vielleicht hast du braune Augen, die wie dunkle Schokolade glänzen. Oder sie sind blau wie der Sommerhimmel, grün wie ein Wald oder haben sogar graue Sprenkel. Wenn du dich dann in deiner Schulklasse umsiehst, wirst du feststellen: Jeder hat ein bisschen andere Augen. Selbst wenn zwei Freunde beide „blau“ als Augenfarbe im Ausweis stehen haben, sieht das Blau oft ganz unterschiedlich aus.
Aber warum ist das eigentlich so? Warum laufen wir nicht alle mit der gleichen Augenfarbe herum? Hat sich die Natur da einfach einen Spaß erlaubt, oder steckt ein geheimer Plan dahinter?
In diesem Artikel begeben wir uns auf eine spannende Reise in das Innere deines Körpers. Wir schauen uns an, wie ein winziger Farbstoff darüber entscheidet, wie du aussiehst, was deine Eltern damit zu tun haben und ob es Menschen gibt, die wirklich violette Augen haben. Mach dich bereit für ein paar echte „Aha-Momente“!
Der Farbtopf in deinem Auge: Was ist Melanin?
Um zu verstehen, warum wir unterschiedliche Augenfarben haben, müssen wir uns zuerst einen ganz bestimmten Stoff ansehen. Er heißt Melanin. Stell dir Melanin vor wie einen Farbtopf, den dein Körper besitzt. Dieser Farbstoff ist nicht nur für deine Augen zuständig, sondern auch für deine Hautfarbe und deine Haarfarbe.
Das Spannende daran ist: Es gibt eigentlich gar keine „blaue“ oder „grüne“ Farbe in deinem Auge. Das klingt erst einmal verrückt, oder? In Wahrheit haben wir Menschen im Grunde nur einen einzigen Farbstoff in der Iris (das ist der bunte Ring um deine Pupille), und der ist braun.
Ob deine Augen nun braun, blau, grün oder grau erscheinen, hängt davon ab, wie viel von diesem braunen Melanin in deiner Iris vorhanden ist und wie es verteilt ist.
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Braune Augen: Hier hat die Natur den Farbtopf voll ausgeschöpft. In der Iris befindet sich sehr viel Melanin. Das Licht, das auf dein Auge trifft, wird von dem dunklen Farbstoff geschluckt (absorbiert). Deshalb sehen die Augen braun aus.
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Blaue Augen: Hier ist nur ganz, ganz wenig Melanin vorhanden. Weil fast kein dunkler Farbstoff da ist, passiert etwas Besonderes mit dem Licht. Es wird gestreut. Das ist derselbe Effekt, der auch den Himmel blau macht (man nennt das den Tyndall-Effekt oder Rayleigh-Streuung). Das Licht trifft auf das Auge, und nur die blauen Anteile des Lichts werden zurückgeworfen. Deine Augen sind also nicht wirklich blau angemalt, sie wirken nur so durch das Licht!
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Grüne Augen: Das ist die Mischung. Es ist ein bisschen mehr Melanin da als bei blauen Augen, aber weniger als bei braunen Augen. Zusammen mit der Lichtstreuung ergibt das dann diesen tollen grünen Effekt.
Die Bibliothek deiner Vorfahren: Die Genetik
Jetzt wissen wir, dass die Menge an Melanin entscheidet, welche Farbe wir sehen. Aber wer bestimmt, wie viel Melanin in dein Auge gekippt wird? Hier kommen deine Eltern und Großeltern ins Spiel – und zwar durch die Genetik.
Stell dir deine Gene vor wie ein riesiges Bauanleitung-Buch für deinen Körper. In diesem Buch steht, wie groß du ungefähr wirst, welche Haarstruktur du hast und eben auch, welche Augenfarbe du bekommst. Du bekommst eine Hälfte der Bauanleitung von deiner Mama und die andere Hälfte von deinem Papa.
Früher dachten Wissenschaftler, das sei ganz einfach: Braun ist stark (dominant) und Blau ist schwach (rezessiv). Wenn Papa braune Augen hat und Mama blaue, gewinnt Papa, und das Kind hat braune Augen. Heute wissen wir: Ganz so simpel ist es leider nicht. Es ist viel komplizierter!
Es sind mehrere Gene an der Augenfarbe beteiligt. Man kann sich das eher wie ein Kartenspiel vorstellen, bei dem viele Karten gemischt werden. Deshalb können sogar zwei Eltern mit braunen Augen ein Kind mit blauen Augen bekommen, wenn sich irgendwo in ihrer „Gen-Bibliothek“ noch die Bauanleitung für blaue Augen von den Großeltern versteckt hat. Die Vererbung ist also ein echtes Überraschungspaket.
Wie entstanden verschiedene Augenfarben?
Das ist eine der spannendsten Fragen überhaupt. Wenn wir ganz weit in der Geschichte der Menschheit zurückreisen – also wirklich tausende von Jahren –, dann stellen wir fest: Ursprünglich hatten wahrscheinlich alle Menschen braune Augen.
Da die ersten Menschen in sehr sonnigen, heißen Regionen (in Afrika) lebten, war viel Melanin wichtig. Der dunkle Farbstoff wirkt nämlich wie eine eingebaute Sonnenbrille. Er schützt das empfindliche Auge vor den gefährlichen UV-Strahlen der Sonne. Wer braune Augen hatte, war also besser geschützt und konnte besser überleben.
Doch dann begannen die Menschen zu wandern. Sie zogen in den Norden, nach Europa, wo die Sonne weniger stark scheint und die Winter lang und dunkel sind. Hier war der starke Sonnenschutz der Augen nicht mehr so dringend notwendig.
Wissenschaftler haben herausgefunden, dass es vor etwa 6.000 bis 10.000 Jahren zu einer einzigen, zufälligen Veränderung im Erbgut eines Menschen kam. Das nennt man eine Mutation. Diese Person lebte wahrscheinlich in der Region um das Schwarze Meer. Durch diese kleine Veränderung im Gen (es heißt OCA2-Gen) wurde der „Melanin-Hahn“ zugedreht. Das Auge produzierte nicht mehr so viel braune Farbe. Das Ergebnis? Die allerersten blauen Augen der Weltgeschichte!
Das bedeutet: Jeder Mensch, der heute blaue Augen hat – egal ob er in Deutschland, Amerika oder Australien lebt – ist ganz weit entfernt miteinander verwandt und stammt von diesem einen Menschen ab, der diese Mutation zuerst hatte. Ist das nicht irre?
Warum sich diese neue Farbe dann so stark verbreitet hat, darüber streiten die Forscher noch. Manche glauben, es half dabei, im dunklen Norden besser das wenige Licht zu nutzen (auch wenn das wissenschaftlich umstritten ist). Andere glauben, es lag einfach daran, dass es als besonders schön oder exotisch empfunden wurde und Menschen mit blauen Augen deshalb öfter Partner fanden.
Warum ändern Babys ihre Augenfarbe?
Vielleicht hast du schon mal gehört, dass fast alle Babys mit blauen Augen auf die Welt kommen. Das stimmt zwar nicht für alle Babys auf der Welt (in Asien oder Afrika kommen Babys meist direkt mit dunklen Augen zur Welt), aber für viele hellhäutige Babys in Europa trifft das zu.
Der Grund ist wieder unser Farbtopf Melanin. Wenn ein Baby geboren wird, hat die Produktion von Melanin in den Augen oft noch gar nicht richtig begonnen. Die Iris ist noch fast ohne Pigmente, und wie wir gelernt haben, wirkt das Auge dann durch die Lichtstreuung blau.
Erst in den ersten Lebensmonaten und Jahren fängt der Körper an, durch das Sonnenlicht angeregt, mehr Melanin zu produzieren. Der Farbtopf wird langsam gefüllt. Aus dem Baby-Blau wird dann vielleicht ein Grün, ein Grau oder ein tiefes Braun. Dieser Prozess kann bis zum dritten Lebensjahr dauern, manchmal sogar bis zur Pubertät. Deine Augenfarbe von heute ist also das Ergebnis eines langen „Malprozesses“ deines Körpers.
Was ist die seltenste Augenfarbe der Welt?
Wenn du dich auf dem Schulhof umhörst, werden die meisten Kinder braune oder blaue Augen haben. Aber welche Farbe ist ein echter Exot? Um das zu beantworten, müssen wir uns die Weltbevölkerung ansehen.
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Braun: Die absolute Nummer 1. Etwa 70% bis 80% aller Menschen weltweit haben braune Augen.
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Blau: Weit abgeschlagen auf Platz 2 mit etwa 8% bis 10%.
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Haselnuss/Amber: Das ist eine Mischung aus Braun und Grün-Gelb. Etwa 5% der Menschen haben diese Farbe.
Aber die wirkliche Antwort auf die Frage nach der Seltenheit ist Grün. Nur etwa 2% der Weltbevölkerung haben rein grüne Augen. Sie kommen am häufigsten in Nord- und Mitteleuropa vor (zum Beispiel in Schottland oder Irland), sind aber weltweit gesehen extrem rar. Wenn du grüne Augen hast, bist du also statistisch gesehen etwas ganz Besonderes!
Es gibt aber noch etwas, das seltener ist als Grün: Verschiedenfarbige Augen.
Man nennt das in der Fachsprache Heterochromie. Das bedeutet, ein Mensch hat zum Beispiel ein blaues und ein braunes Auge. Oder ein Auge ist halb grün und halb braun.
Das passiert, wenn bei der Entwicklung im Mutterleib die Melanin-Verteilung nicht gleichmäßig läuft. Das kann genetisch bedingt sein oder durch eine kleine Verletzung passieren. Berühmte Beispiele sind Schauspieler wie Mila Kunis (ein grünes, ein braunes Auge). Das ist zwar keine eigene „Farbe“, aber definitiv eine der seltensten Augen-Kombinationen, die es gibt.
Auch Graue Augen sind sehr selten (oft eine Variante von Blau mit etwas mehr Kollagen in der Iris, das das Licht anders bricht), aber Grün gilt meist als die seltenste Hauptfarbe.
Es gibt noch einen Sonderfall: Rote oder rosafarbene Augen. Das gibt es bei Menschen mit Albinismus. Ihnen fehlt das Melanin im ganzen Körper komplett (weiße Haare, sehr helle Haut). Da gar keine Farbe in der Iris ist, kann man direkt auf die Blutgefäße im Hintergrund des Auges schauen, und die scheinen rot durch. Das ist aber eher ein medizinischer Zustand als eine klassische Augenfarbe.
Wer hat lila Augenfarbe?
Jetzt kommen wir zu einem Thema, das im Internet heiß diskutiert wird. Vielleicht hast du in Fantasy-Filmen, Animes oder auf TikTok schon mal Charaktere mit leuchtend violetten oder lila Augen gesehen. Und es gibt das Gerücht, dass manche Menschen, wie die berühmte Schauspielerin Elizabeth Taylor, lila Augen hatten. Aber gibt es das wirklich?
Die wissenschaftliche Antwort lautet: Nein, Menschen haben keine lila Pigmente in den Augen.
Es gibt kein „lila Melanin“. Dennoch können Augen unter ganz bestimmten Umständen violett wirken.
Hier ist die Erklärung:
Wenn jemand extrem blaue Augen hat (also sehr wenig Melanin) und gleichzeitig sehr helle Haut mit durchscheinenden roten Blutgefäßen, kann eine optische Täuschung entstehen. Das Blau der Iris mischt sich mit dem Rot der Blutgefäße im Hintergrund. Und was ergibt Blau und Rot gemischt? Richtig: Lila oder Violett.
Dies passiert fast ausschließlich bei Menschen mit einer speziellen Form von Albinismus. In ganz seltenen Fällen und bei perfektem Licht (und vielleicht dem richtigen blauen Lidschatten und passender Kleidung, wie bei Elizabeth Taylor) können tiefblaue Augen also violett schimmern. Aber als echte, eigenständige Augenfarbe, so wie Braun oder Grün, existiert Lila beim Menschen nicht.
Es gibt im Internet eine Legende über „Alexandria’s Genesis“ – eine angebliche genetische Mutation, die Menschen lila Augen und perfekte Gesundheit schenken soll. Das ist aber nur eine Geschichte aus dem Internet und biologisch völlig unmöglich. Wenn dir also jemand erzählt, er habe genetisch lila Augen, flunkert er wahrscheinlich oder trägt farbige Kontaktlinsen!
Beeinflusst die Augenfarbe, wie gut wir sehen?
Das ist eine Frage, die sich viele stellen. Sehen Menschen mit braunen Augen „dunkler“ oder Menschen mit blauen Augen „heller“? Nein, das Bild, das dein Gehirn bekommt, ist bei allen gleich. Die Farbe der Iris hat keinen Einfluss auf die Schärfe oder die Farben, die du siehst.
Aber es gibt einen kleinen Unterschied bei der Lichtempfindlichkeit. Da dunkle Augen (viel Melanin) mehr Licht absorbieren, werden Menschen mit braunen Augen bei greller Sonne oft weniger geblendet als Menschen mit hellblauen Augen. Blaue Augen lassen etwas mehr Streulicht ins Innere durch, was dazu führt, dass diese Menschen oft schneller zur Sonnenbrille greifen müssen. Sie sind also ein bisschen lichtempfindlicher, sehen aber im Dunkeln nicht besser oder schlechter als andere.
Mythen über den Charakter
Zum Schluss noch ein kleiner Ausflug in die Welt der Mythen. Oft liest man in Horoskopen: „Menschen mit braunen Augen sind treu“ oder „Menschen mit grünen Augen sind frech“.
Wissenschaftlich gesehen ist das natürlich Quatsch. Deine Augenfarbe hat nichts damit zu tun, ob du lustig, schlau, schüchtern oder mutig bist. Dein Charakter entwickelt sich durch dein Gehirn, deine Erziehung und deine Erfahrungen, nicht durch die Farbpigmente in deiner Iris.
Trotzdem macht es Spaß, darüber zu lesen, solange man weiß, dass es keine wissenschaftlichen Beweise dafür gibt.
Fazit: Deine Augen sind einzigartig
Egal ob Braun, Blau, Grün, Grau oder eine wilde Mischung aus allem – deine Augenfarbe ist ein Wunder der Natur. Sie erzählt die Geschichte deiner Vorfahren, von der ersten Mutation vor tausenden von Jahren bis hin zu deinen Eltern. Und das Coolste ist: Deine Iris ist so einzigartig wie dein Fingerabdruck. Niemand auf der ganzen Welt hat exakt das gleiche Muster und die gleichen Farbspritzer im Auge wie du. Wenn du das nächste Mal in den Spiegel schaust, siehst du also ein echtes Unikat!
FAQ – Häufige Fragen zu Augenfarben
1. Kann ich meine Augenfarbe ändern?
Auf natürlichem Wege kannst du deine Augenfarbe nicht ändern, sobald du älter als drei Jahre bist. Manchmal wirken Augen je nach Kleidung oder Lichtstimmung anders, aber die Farbe bleibt gleich. Wer eine ganz andere Farbe haben will, muss farbige Kontaktlinsen tragen (aber bitte nur mit Erlaubnis der Eltern und Beratung vom Optiker!).
2. Haben Tiere auch unterschiedliche Augenfarben?
Ja, absolut! Huskys sind zum Beispiel berühmt für ihre strahlend blauen Augen. Katzen haben oft grüne oder gelbe Augen. Bei Tieren funktioniert das mit dem Melanin ganz ähnlich wie bei uns Menschen. Auch hier dient die Farbe oft dem Schutz oder der Tarnung.
3. Was passiert, wenn man zwei verschiedene Augenfarben hat?
Das nennt man Heterochromie. Das ist für die Gesundheit meistens völlig harmlos. Es sieht einfach nur besonders aus. Es tut nicht weh und man sieht dadurch auch nicht schlechter. Es ist einfach eine Laune der Natur.
4. Verschwinden blaue Augen irgendwann, weil Braun stärker ist?
Nein, das ist ein Gerücht. Zwar ist das Merkmal für braune Augen dominant, aber die Gene für blaue Augen werden trotzdem weitergegeben ("rezessiv"). Sie können Generationen überspringen und dann plötzlich wieder auftauchen. Blaue Augen werden also nicht aussterben.
5. Warum haben Albinos rote Augen?
Menschen mit Albinismus haben kein Melanin. Da die Iris normalerweise durch Farbe das Licht filtert, fehlt dieser Filter hier. Man sieht quasi durch die durchsichtige Iris hindurch auf die Blutgefäße im Augenhintergrund. Das Blut ist rot, daher wirken die Augen rot oder rosa.